von Brest bis Bremen
Seit zehn Tagen bin ich wieder zu Hause und muss noch eine Woche warten um wieder aufs Boot fahren zu können. Mir kommt die grosse Lust auf, früher zu gehen. Nach ein paar Abklärungen im Labor, das OK von Joyce, meiner Chefin und Tanja von der Personalabteilung, (danke euch beiden und auch an das Präanalytik-Team), alle Termine vom Freitag und Montag absagen reise ich am Freitag morgen früh um 06.00 Uhr mit dem TGV von Zürich über Paris nach Brest. Leider ist grad Saisonbeginn in der Bretagne und alle Züge übervoll. Meine Verbindung ist schlecht, ich muss eine 2-stündige Wartezeit in Paris und einen Umweg über Quimper in Kauf nehmen. Nach ca. 15 Stunden komme ich in Brest an.
Am Samstag morgen früh um 04.00 Uhr wird abgelegt, ich darf noch weiter schlafen. Es sind 70 Seemeilen bis Rostoff, wir haben fast den ganzen Tag Nebel, zum Glück haben wir Radar und Stephan kennt sich aus. Um 19.10 Uhr legen wir an.
Wir sitzen gemütlich zusammen, auf einmal dampft es in der Ecke wo der Boiler montiert ist. Hastig schalte ich ihn aus. Mani sucht das Leck und findet eine geplatzte Wasserleitung der Dusche. Wir lassen den Boiler ausgeschaltet, bis auf weiteres gibts halt nur kaltes Wasser. Morgen machen wir einen Hafentag um den erneuten Wasserschaden behelfsmässig zu reparieren. Leider ist Sonntag und alle Geschäfte zu, also kein Ersatzschlauch zu finden. Stephan flickt eine falsche Einstellung des Motorhebels danach funktioniert er wie neu.
Mani und ich leihen uns Fahrräder aus und machen eine Velotour durch die Hügel und grünen Felder. Sogar Palmen und blühende Kallas wachsen hier in der milden Region. Rustikale alte Häuser säumen die Strasse entlang der Küste wo wir ein Glace essen und einen Kaffee trinken. Zum Znacht gibt Meeresfrüchte mit Curryreis.
Am Montag Morgen früh um 05.00 Uhr legen wir in Rostoff ab und segeln nach Guernsey, eine der Kanalinseln. Mani backt unterwegs Fotzelschnitten und Käse Chnoblibrot. Am Abend essen wir einen kleinen Snack in einem einheimischen Pup.
Die ganze Woche schon prägen Spannungen zwischen Mani und Michael das Crewleben an Board. Es gibt viele Meinungsverschiedenheiten und Missverständnisse.
Auf dem Törn Richtung Cherbourg, nach etwa 5 Stunden Fahrt gegen die Strömung, geht auf einmal die Hydraulik der Steuerung kaputt. Zum Glück erkennt Stephan das Problem sofort und die Notpinne wird installiert. Mani steuert den ganzen Weg zurück, jetzt in nur 2 Stunden mit der Strömung, nach Guernsey, am Heck dem Wind ausgesetzt.
Während der Rückfahrt versuchen wir per Telefon und Mail Kontakt mit diversen Lieferanten und Shops für Bootszubehör auf zu nehmen um abzuklären, ob die das Ersatzteil in einer nützlichen Zeit von ein bis zwei Tagen auftreiben können. Wir melden uns am Hafen in Guernsey an um Bescheid zu geben, dass wir Steuerprobleme haben und Begleitung brauchen um in den Hafen zu fahren. Wir werden freundlich empfangen und an den sehr welligen aber gut erreichbaren Hafenplatz per Motorboot begleitet.
Am gleichen Abend kommt Boby vorbei und schaut sich unser Problem an, leider kann er uns nicht helfen, ev. Dave. Dave entlüftet die Pumpe und gibt neues Öl rein. Mani nutzt die Gelegenheit und kauft einen neuen Wasserschlauch um das Wasserleck zu beheben.
Da wir wegen den diversen Reparaturen einen Hafentag einlegen müssen, waschen wir noch unsere Wäsche in der Hafenlaundry. Alles kommt sauber, trocken und ganz aus dem Tumbler.
Stephan und ich machen mit dem öffentlichen Bus eine Inselrundfahrt, steigen an einem schönen Strand aus um was zu trinken, spazieren und fahren mit dem nächsten Bus bis zum Hafen weiter. Zum Z’nacht gibt es Tomaten-Mozzarellasalat und selbstgemachte Pizza.
Abends gibt es wieder Diskussionen mit mit Michael wegen Meinungsverschiedenheiten. Wir beschliessen, dass Mani eine Tiden Berechnung macht und Michael eine für sich. Stephan rechnet alles nach und gemeinsam wird beurteilt. Michaels Berechnung passt zu unseren Plänen und wir einigen uns darauf.
Am nächsten Morgen vor dem Ablegen ist aber immer noch Spannung da, Michael entscheidet sich, von Board zu gehen. Wir fahren ohne ihn los und informieren Thomas. Wenn Stephan von Board geht, spätestens nächsten Mittwoch, brauchen wir einen Skipper für die Nordsee. Starke Tidenunterschiede, grosser Frachtverkehr und das ungewisse Gewässer wollen wir nicht zu zweit riskieren. Wir entscheiden uns, nicht über Cherbourg zu fahren, sondern direkt nach Fécamp. Beim Hochgehen über den Steg, rutschte ich rückwärts aus meinen Flipflops, ich musste mich mit den Zehen festkrallen.
Nach einer anstrengenden Tagestour ohne Autopilot übt Stephan am Nachmittag noch Hafenmanöver, anlegen am Steg, Rückwärts fahren und im Kreis fahren mit mir. Nach gefühlten 2 Stunden bin ich fix und foxi….
Mani und ich legen alleine in Fécamp ab. Alles geht gut. Laut Wetterbericht soll es heute sehr wenig Wind haben. Mani und Stephan wollen die Chance nutzen um das Leichtwindsegel zu setzen. Leider wird nichts draus, etwas ist mit der Spule nicht in Ordnung. Trotzdem können wir am späteren Nachmittag längere Zeit segeln mit guter Strömung mit uns. Heute gibts wieder eine Nachtfahrt. Um 01.00 Uhr passieren wir die Engstelle vom Ärmelkanal bei Calais, ich habe mit Stephan Schicht. Um 07.00 Ankunft in Dunkerque. Ausschlafen bis zum Mittag, Frühstücken dann etwas spazieren gehen.
Wir schauen uns dieses 90-jährige Schulschiff an, darauf wurden 14 bis 20-jährige Jugendliche in verschiedenen Berufen ausgebildet.
Nach einem erholsamen Landtag wollen wir heute Abend um Mitternacht mit der Strömung ablegen. Um 21.00 Uhr nach dem Nachtessen fühlt sich Mani grad fit und er will tanken gehen und schon früher los, trotz der Gegenströmung. Stephan ruht sich aus. Noch im Hafen kommt ganz plötzlich starker Nebel auf und wir sehen gar nichts mehr. Ich wecke Stephan, er bringt uns heil an den Steg zurück. Uff…Zwei Stunden später, wäre die perfekte Zeit zum Ablegen mit der Strömung, ist der Nebel weg…..
Wir warten bis zum Morgen mit ablegen. Zeitweise ist es diesig, aber es kommt kein Nebel auf. Am Nachmittag und Abend können wir sogar segeln. Ich backe einen Apfel-Mandelkuchen im Omnia, wie immer, sehr fein.
Die Nachtfahrt durch die Fahrstrasse bei Rotterdam ist sehr streng. Wir müssen uns anmelden und eine Stunde warten, bis wir passieren dürfen. Der Hafenfunkwart gibt uns das OK zur Durchfahrt.
Es ist sehr beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die riesigen Frachtschiffe, die mehrere hundert Meter lang sind, die Brücke im hinteren Teil des Frachters haben und die ersten 500 Meter vor dem Schiff nicht sehen was vor ihnen ist. Das heisst für so kleine Boote wie uns, viel Abstand halten und die Verkehrsregeln beachten.
Vormittags Ankunft in Ijmuiden, nach einer kleinen Pause essen wir im Hotel einen Snack. Mani und ich gehen ins Dorf einkaufen in Verbindung mit einem längeren Spaziergang. Wir brauchen dringend Bewegung. Ich vermisse unser Tandem. Morgen Mittag geht Stephan von Board, am Nachmittag kommt Holger, ein Skipper von Thomas organisiert. Wieder heisst es Boot aufräumen, putzen und Staubsaugen.
Zwischen durch schreiben wir eine Checkliste, was es am Boot alles zu tun gibt. Bei welchen Arbeiten wir Hilfe brauchen und was wir mit der Werft alles besprechen müssen. Welche Vorbereitungen wir zu Hause vorbereiten können. Informationen über gewisse Arbeiten im Internet oder von Spezialisten einholen.
Um 15.30 Uhr kommt Holger an Board. Wir besprechen die bevorstehende Route. Optimal wäre wegen Strömung und Wetter, wenn wir noch heute ca. um 17.00 Uhr ablegen könnten. Nachts kommt starker Nebel auf, so dass wir nicht weiter fahren wollen und um Mitternacht in Den Helder in den Hafen fahren. Wir besprechen noch die Route für den nächsten Tag. Es könnte kritisch sein wegen zu viel Wind und Strömung gegen uns. Deshalb beschliessen wir nicht über die Nordsee zu fahren, sondern durchs Ijsselmeer wo wir geschützt sind.
Jetzt sind wir auf einem Kanal und fahren ins Niederländische Inland. Es gibt schöne Häuser und Gärten zu bewundern. Wir passieren viele Brücken die extra für uns öffnen.
Nach dem Nachtessen spazieren wir durch Franeker und lassen uns mit einem Dessert verführen.
Heute gehts nach Lauwersoog durch wunderschöne Landschaften mit weiten Ebenen. Das Wetter wird langsam schöner und wärmer.
Heute bucht Mani unseren Heimflug von Bremen nach München für nächsten Freitag. Wir nehmen uns auch einen Mietwagen um in Bremen flexibel zu sein wenn wir was fürs Boot einkaufen müssen.
Bei unserem Spaziergang in Lauwersoog treffen wir auf eine interessante Sitzgelegenheit, die sofort von uns getestet wird.
Nach dem Nachtessen in einem feinen Fischrestaurant in der Nähe des Hafens geniessen wir noch den wunderschönen Sonnenuntergang.
Heute Morgen, der zweitletzte Tag, starten wir um 06.00 Uhr, damit wir mit der abfliessenden Strömung raus kommen. Es geht wieder in die Nordsee durch eine kritische, untiefe Stelle wenn es hohe Wellen hat, Schiermonnikoog. Wir haben wenig Wellen und es geht alles gut. Man glaubt es kaum, aber das Meer ist hier nur wenige Meter tief. Bei Niedrigwasser kämen wir nicht durch. Das Schiff am Horizont liegt auf.
Wir können heute 18 Stunden am Stück segeln, bis weit in die Nacht hinein. Das ist super für den letzten Tag auf dem Meer. Die letzte Nachtfahrt liegt an, wir essen Kürbissuppe mit Brot zum Z’nacht. Alle 3 Stunden ist Schichtwechsel. Um 9.30 Uhr kommen wir in Bremerhaven an. Das ging superschnell dank der perfekten Strömung.
Heute ist unser letzte Tag der gesamten Überführung und wir haben wieder Nebel. Hoffentlich kommen wir trotzdem mit der Strömung bis Bremen. Wenn nicht, kommen wir nicht durch das Wehr in der Lesum. Da ist der Wasserstand bei Niedrigwasser unter 1.75m, unser Tiefgang. Wenn wir es nicht schaffen, besteht die Gefahr, dass wir am Boden oder an der unter Wasser liegenden Mauer aufsetzen. Das wäre eine Katastrophe.
Trotz dem anfänglichen Nebel sind wir superschnell und kommen 1 Stunde früher als geplant in Bremen in der Werft an. Wir kamen mit min. 6Kt. voran.
Nach 6Wochen 1 Tag, 16 Nachtfahrten, ca. 350 Stunden motoren, ca. 350 Stunden Segeln, ca 2400 Seemeilen haben wir es endlich geschafft unser Boot in die Werft zu bringen, wo wir es nächstes Jahr bearbeiten werden.